Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg – warum die Maßnahmen des Konjunkturpakets nicht für eine Verkehrswende ausreichen

Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg – warum die Maßnahmen des Konjunkturpakets nicht für eine Verkehrswende ausreichen

Teil 1

„Mehr Straßen bauen, um mit Staus fertig zu werden, ist wie den Gürtel zu lockern, um die Gewichtszunahme zu bekämpfen.“ – frei nach Lewis Mumford, 1955, The Roaring Traffic’s Boom

Um das Ziel der Treibhausgas-Neutralität bis 2050 zu erreichen, wurde Ende 2019 das Bundes-Klimaschutzgesetz erlassen, das den Wirtschaftssektoren eine maximale jährliche Emissionsmenge bis 2030 zuweist. Für den Verkehrssektor, dessen CO2-Ausstoß seit 1990 als einziger nicht gesunken ist, sieht das Gesetz einen Ausstoß von höchstens 95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten vor. Verglichen mit den heutigen Emissionen bedeutet das eine Reduktion bis 2030 um mindestens 40 Prozent. Damit diese Reduktion gelingen kann, ist eine Verkehrswende zwingend notwendig. Sie beinhaltet zum einen eine Mobilitätswende und zum anderen eine Energiewende im Verkehrssektor. Eine Mobilitätswende umfasst die Sicherung der Mobilität, wobei die Verkehrsmenge reduziert und der Verkehr auf umweltfreundlichere Verkehrsträger verlagert wird. Eine Energiewende im Verkehrssektor beinhaltet den Umstieg auf emissionsärmere bzw. emissionsfreie Antriebstechnologien.

Zur Stärkung der umweltfreundlichen Verkehrsträger und zur Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene legte die Bundesregierung bereits 2018 im Koalitionsvertrag Maßnahmen und Ziele für den Schienenverkehr fest. Danach soll beispielsweise der vertaktete Fernverkehr deutlich gestärkt werden und 70 Prozent des Schienennetzes in Deutschland bis zum Jahr 2025 elektrifiziert sein. Außerdem bekennt sich die Bundesregierung zu dem Masterplan Schienengüterverkehr. Dieser enthält ein Maßnahmenpaket, welches unter anderem dem Ziel der dauerhaften Stärkung des Schienengüterverkehrs sowie der Steigerung des Marktanteils der Schiene am gesamten Güterverkehr dienen soll. Für den Personenverkehr nennt der Koalitionsvertrag konkrete Ziele, etwa die Zahl der Bahnkunden bis 2030 auf über 260 Millionen zu verdoppeln.

Tatsächlich ist die Zahl der Fahrgäste seit 2014 stetig angestiegen; 2019 wurde mit über 150 Millionen Reisenden ein neuer Spitzenwert erreicht. Doch mit der Corona-Krise brach die Nachfrage ein: Obwohl drei von vier Zügen fuhren, reduzierten sich die Fahrgastzahlen um 80 Prozent im Regional- bzw. um 90 Prozent im Fernverkehr. Klaus-Dieter Hommel, kommissarischer Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), prognostiziert, dass es mehrere Jahre dauern wird, bis die Fahrgastzahlen im Fernverkehr wieder das Niveau von 2019 erreicht haben. Gründe dafür sind unter anderem ausbleibende Geschäftsreisen und die Angst vor Infektionen in öffentlichen Verkehrsmitteln, weshalb die Fahrt mit dem eigenen Auto bevorzugt wird.

Die Verluste der Bahn, die durch fehlende Fahrgeldeinnahmen entstehen, sollen im Rahmen des Anfang Juni 2020 von der Bundesregierung beschlossenen Konjunkturpakets mit einem Gesamtvolumen von 130 Milliarden Euro ausgeglichen werden. Unter anderem sieht der Bund darin vor, der Deutschen Bahn (DB) Eigenkapital in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen; der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) erhält Hilfen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Neben der Schiene sollen auch alternative Antriebe im Straßenverkehr gefördert werden: 2,5 Milliarden Euro fließen in den Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für Elektro-Fahrzeuge, die „Umweltprämie“ für E-Autos wird verdoppelt und verzeichnet damit einen Finanzbedarf von 2,2 Milliarden Euro.

Aber bringt das Konjunkturpaket auch den erhofften „Schwung“ für die Verkehrswende und werden dadurch diejenigen Verkehrsträger gefördert, auf die sich die Verkehrswende stützt?

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