Die neue EU-Rohstoffstrategie

Die neue EU-Rohstoffstrategie

Die Europäische Kommission hat im September einen Aktionsplan zu kritischen Rohstoffen, die Liste kritischer Rohstoffe 2020 sowie eine Zukunftsstudie über kritische Rohstoffe für strategische Technologien und Sektoren für die Zeiträume bis 2030 und bis 2050 vorgelegt. Sie schlägt Maßnahmen vor, um die Abhängigkeit Europas von Drittändern zu verringern und Versorgungsquellen zu diversifizieren. Zudem will sie die Ressourceneffizienz steigern und die Kreislaufwirtschaft stärken. Weltweit soll die verantwortungsvolle Rohstoffbeschaffung gefördert werden. Im Folgenden werden nur einige Beispiele herausgegriffen, die die EU schwerpunktmäßig angehen will.

Für zahlreiche neue Anwendungen wie bspw. zur Umsetzung der Energie- und Verkehrswende sind Rohstoffe notwendig, deren Verfügbarkeit begrenzt ist. Lithium-Batterien sind für die neuen Antriebe der E-Mobilität unerlässlich. Li-Ionen-Batterien bieten im Vergleich zu den derzeit für herkömliche Antriebe verwendeten Blei-Säure-Batterien eine verbesserte Energieleistung. Sie entwickeln sich zu einer wichtigen Technologie für ein breites Spektrum von zivilen und militärischen Anwendungen. Infolge der zunehmenden Nutzung von Elektrofahrzeugen, mobilen Endgeräten und stationären dezentralen Energiespeichersystemen wird die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich jährlich um etwa 30% zunehmen. Die Förderung von Recyclingaktivitäten und die Wiederverwendung von Schlüsselmaterialien wie Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel sind unabdingbar. Für zahlreiche neue Technologien gibt es massiven Forschungsbedarf. Bspw. ist das Recycling von Brennstoffzellen und anderen Wasserstofftechnologien noch kaum erforscht, jedoch besteht dringender Bedarf, zumal zukünftig Milliarden in die Förderung der Wasserstofftechnologien gepumpt werden. Trotz vieler Bemühungen, Platin durch Nicht-Edelmetall-Katalysatoren zu ersetzen, ist bisher kaum gelungen. Eine alternative Lösung besteht darin, Platin durch andere Edelmetalle wie Palladium oder Ruthenium zu ersetzen, aber auch deren Vorkommen sind begrenzt.

Ein gangbarer Weg, den zukünftigen Zugang der EU zu den für Windturbinen, Elektro-Motoren und andere High-Tech-Anwendungen benötigten “seltenen Erden” zu sichern, ist die Stoffstromsicherung von Sekundärmaterialien durch Recycling. Angemessene Sammel- und Recyclingkapazitäten sollen in der EU so bald wie möglich geschaffen werden, um den zunehmenden Strom von gebrauchten Permanentmagneten aus Industriemaschinen zu bewältigen. Aufgrund der Besonderheit der Recyclingprozesse werden eine angemessene Regulierung und die Einführung eines Kennzeichnungssystems, das die Art der Permanentmagnete angibt, den Recyclingprozess erleichtern. Die aus dem Recycling erzeugten “seltenen Erden” werden jedoch nicht die primäre Nachfrage auf einem wachsenden Markt decken können. Dennoch könnte dies in hohem Maße ausreichen, um die magnetproduzierenden Industrien in der EU kurzfristig zu sichern, während langfristig primär geförderte Quellen erschlossen werden. Neue fortschrittliche Technologien werden mit neuen Materialanforderungen und neuen Lieferanten einhergehen. Wenn z.B. die Eisennitrid-Permanentmagnet-Technologie in den kommenden Jahren erprobt und kommerzialisiert wird, könnte dies die Abhängigkeit der EU von China erheblich mindern, da dieser neue Magnet auf reichlich vorhandene und billigere Materialien setzt.

Recycling und Wiederverwendung von Photovolatikmodulen stehen erst am Anfang, da das Volumen der Altprodukte noch gering ist. Siliziummetall wird derzeit nicht aus Post-Consumer-Abfällen zurückgewonnen. Es gibt ein gewisses Potenzial für das Recycling von Siliziummetall aus Neu-Schrott in der PV-Industrie. Der meiste Siliziumschrott, der bei der Kristallbarren- und Waferproduktion für elektronische Anwendungen anfällt, kann aufgrund der höheren Qualität (Reinheit) des Siliziummetalls in der PV-Industrie verwendet werden. Dieses Potenzial ist jedoch eher begrenzt; elektronische Anwendungen machen nur 2% der Endverwendung von Siliziummetall aus. Die Einbeziehung einer Recyclingstrategie in den Herstellungsprozess von PV-Modulen ist wichtig, da sie einige sekundäre Materialströme für PV-Hersteller sicherstellen und auch deren Gewinne maximieren kann. Darüber hinaus ist recyceltes Siliziummetall weniger energieintensiv als die primäre Form. Gür ein hochwertiges Recyclin ist eine Vereinheitlichung der Klassifizierung von Abfallströmen aus PV-Paneelen in der gesamten EU wünschenswert.

Für die umweltgerechte Gestaltung von Roboterprodukten sollen Anreize geschaffen werden, um eine effizientere Nutzung von Materialien und Energie sowie die einfache Demontage von Komponenten und die Identifizierung von Materialien, ihre Wiederverwendung oder ihr Recycling, einschließlich Exoskeletten (oder tragbare Roboter) zu gewährleisten.
Der Aktionsplan für kritische Rohstoffe zielt insgesamt darauf ab,

  • widerstandsfähige Wertschöpfungsketten für die industriellen Ökosysteme der EU zu entwickeln,
  • die Abhängigkeit von kritischen Primärrohstoffen durch kreislauforientierte Ressourcennutzung, nachhaltige Produkte und Innovation zu reduzieren,
  • die inländische Rohstoffbeschaffung in der EU zu stärken und
  • die Beschaffung aus Drittländern zu diversifizieren sowie, unter voller Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der EU, Verzerrungen des internationalen Handels zu beseitigen.

Es bleibt abzuwarten, ob in Kürze konkretere Maßnahmen erlassen werden, um die Mitgliedstaaten auf Ziele bspw. für Recyclingquoten für kritische Rohstoffe zu verpflichten.

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